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Besuch des Regierungssprechers Steffen Seibert

Besuch des Regierungssprechers Steffen Seibert anlässlich des EU-Projekttages

Am 3. Mai 2016 fand an der Sophie-Scholl-Schule eine Begegnung mit dem Regierungssprecher Steffen Seibert statt: Anlässlich des EU-Projekttages kamen Schülerinnen und Schüler der Leistungskurse Politikwissenschaften und Geschichte und der Grundkurse Politikwissenschaften und Erdkunde zusammen, um mit Herrn Seibert ins Gespräch zu kommen.

„Ich glaube nicht, dass die Jugend Politik nicht interessiert“, so Seibert zu Beginn der Veranstaltung. Für eine lockere Stimmung sorgte Herr Seibert, indem er soziale Netzwerke wie Snapchat ins Gespräch brachte. Doch es wurde auch ernster. Die eigentliche Diskussionsrunde thematisierte die aktuelle Flüchtlingssituation, das EU-Türkei-Abkommen und den Fall Böhmermann.

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Die EU stehe geschlossen hinter dem Abkommen mit der Türkei, so der Sprecher der Bundeskanzlerin. Ein einzelnes Land wäre der momentanen Situation kaum gewachsen. Weiterhin betonte er, dass das Geld nicht an die Regierung der Türkei ginge, sondern an geprüfte Projekte vor Ort. Mit Blick auf die Fluchtursachen betonte Seibert, dass man alles dafür tun müsse, den Krieg in Syrien zu beenden. Außerdem müsse man noch mehr gegen Schlepperbanden vorgehen. Weiterhin sei die Entwicklungsarbeit vor Ort wichtig. Auf die Frage, warum man nicht alle Menschen in Deutschland Willkommen hieße, antwortete der Regierungssprecher, dass es nicht ausreichend sei, alle Menschen ins Land zu lassen, sondern auch weiter gedacht werden müsse. Es müssten genug Ausbildungsplätze, Schulplätze und Arbeitsstellen vorhanden sein, um Migranten eine Perspektive bieten zu können. Die Aussage, man müsse sich vor allem um seine Nachbarn kümmern, sorgte bei den Schülern für Unruhe. Hierbei bezog sich der Regierungssprecher auf die Menschen, die beispielsweise aus Bangladesch flüchten. Herr Seibert war der Auffassung, dass man erst einmal den nächsten Nachbarn helfen müsse. Des Weiteren bat er darum, mit mehr Realismus an die Sache zu gehen. Es sei keine Lösung, Menschen den Weg frei zu machen, ohne vor Ort zu helfen. Denn so würde man nur einem Bruchteil der Menschen helfen.

Als die Frage aufkam, ob man sich durch den „Deal“ mit der Türkei abhängig machen würde, klärte Herr Seibert erst einmal auf, dass „Deal“ nicht das richtige Wort sei. Mit dem Wort „Deal“ verbinde man meist eher negative Dinge. Das Wort „Abkommen“ sei das bessere Wort dafür. Weiterhin erklärte er, dass es keine einseitige Abhängigkeit gäbe, sondern man sich gegenseitig benötige. Als die Kritik geäußert wurde, dass die Türkei die Menschenrechte nicht achten würde und die EU einfach wegschaue, stellte der Regierungssprecher einiges klar. Man sei mit der Türkei im Gespräch und spreche auch die Probleme in der Türkei an. Man sei in einer ständigen Verhandlung. Kein Abkommen mit der Türkei sei auch keine Lösung, die Situation vor Ort würde dadurch nicht besser werden. Außerdem könne man so besser mit der Türkei ins Gespräch kommen. Allerdings kann man die Türkei zu nichts zwingen, das würde den EU-Werten nicht entsprechen. Auf die Frage, ob man sich das mit der Türkei und dem Abkommen nicht etwas zu leicht machen würde, antwortete der Regierungssprecher mit einem klaren „Nein“. Er ziehe den Hut vor der Gastfreundschaft der Türkei. Flüchtlinge haben ein Recht auf Arbeit in der Türkei.

Zum Schluss kam man auch noch zum Fall Böhmermann. Die Zulassung des Verfahrens und die Abschaffung des § 103 waren zunächst die Themen. Dass Frau Merkel das Verfahren zugelassen hat, sei richtig gewesen. Man habe nun mal diesen Paragraphen und sei ein Rechtsstaat. Aufgrund dessen habe man formalen Voraussetzungen geprüft und im Anschluss das Verfahren zugelassen. Die inhaltliche Prüfung müsse man nun den Gerichten überlassen. Die Politik dürfe keine Vorverurteilung vornehmen. Diesen Fehler habe Frau Merkel zwar begangen, aber auch eingestanden. Nun vertraue man auf die Gerichte. Es sei kein Widerspruch, das Verfahren zuzulassen und gleichzeitig anzukündigen, den §103 zu streichen. Der Paragraph sei veraltet, aber derzeit noch im Grundgesetz verankert. Daher müsse man nun nach diesem Paragraph handeln, könne ihn danach aber abschaffen, damit man nicht noch einmal in solch eine Situation kommt.

Nach der Diskussionsrunde ging es weiter in der Willkommensklasse 1, einer von zwei Willkommensklassen an der Sophie-Scholl-Schule. Hier stellten sich die Kinder und Jugendlichen vor und begrüßten den Regierungssprecher, indem sie in ihrer Sprache einen Willkommensgruß anschrieben und diesen laut aussprachen. Weiter ging es mit einem Rollenspiel. Gegenseitig begrüßten sich die Schülerinnen und Schüler und fragten sich, was sie heute noch so vorhätten. Die Deutschlehrerin der Klasse, Frau Sandmann, informierte außerdem über die Herausforderungen im Schulalltag. Herr Seibert war sehr beeindruckt und betonte, dass er hohen Respekt vor der Arbeit der Deutschlehrerinnen und -lehrer habe und wie wichtig es sei, Deutsch zu lernen. Aber auch außerhalb der Schule sei nicht alles perfekt: Viele Schüler beklagten sich, dass es sehr schwierig sei, in Berlin eine Wohnung zu finden. Einem der Schüler drohe in wenigen Tagen, mit seiner Mutter und seinen Geschwistern, darunter ein 3 Monate altes Kind, auf der Straße zu stehen. Dem Regierungssprecher sei klar, dass diese Probleme vorhanden seien und man alles dafür tue, diese in Griff zu bekommen. Allerdings sei es sehr schwer, da vor allem in den großen Städten der Wohnraum sehr knapp sei.

Bericht: Lara Lippert, 12. Jahrgang, LK Politikwissenschaften
Fotos: Felicitas Willkomm, 12. Jahrgang

Weitere Informationen zum Besuch von Steffen Seibert an der Sophie-Scholl-Schule auf der Seite der Bundesregierung: https://www.bundesregierung.de/Content/DE/Artikel/2016/05/2016-05-03-regierungssprecher-steffen-seibert-an-schule-zu-eu-projekttag.html